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Johann Schmuck - Die Freiwilligen Leistungsprüfungen an der Musikschule Grassau

Die Freiwilligen Leistungsprüfungen an der Musikschule Grassau

Oder: Der Weg zum leichteren Musizieren

Bronze – Silber – Gold! Hat jetzt auch in der Musikausbildung die Medaillenjagd Einzug gehalten? Johann Schmuck hat zu diesem Thema viel zu sagen.

Zum Hintergrund: Freiwillige Leistungsprüfungen (FLP) an Musikschulen werden im Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen seit 2007 als ein guter Weg zur Schülermotivation angesehen und deshalb empfohlen. Vorher wurden Leistungen v.a. im Musikbund von Ober und Niederbayern (MON)  geprüft und ausgezeichnet.

Mit dem System der Freiwilligen Leistungsprüfungen möchten die Musikschulen ihre Schülerinnen und Schüler zum musikalischen Leistungsnachweis motivieren. Wer will, kann in diesen Prüfungen – nach Absprache mit seiner Lehrkraft – seine musikalischen Fähigkeiten und Kenntnisse unter Beweis stellen. Nach erfolgreicher Teilnahme erhalten die Schülerinnen und Schüler Abzeichen und Urkunden. Die Prüfungen haben verschiedene Schwierigkeitsgrade und umfassen 35 Instrumentalfächer sowie Gesang. Die Schüler können Prüfungen ablegen, unabhängig davon, wie alt sie sind, welches Instrument sie spielen und auf welchem musikalischen Leistungsniveau sie sich gerade befinden: Junior 1, Junior 2, D1 (Bronze), D2 (Silber), D3 (Gold). Die Beherrschung des Instruments wird durch Kenntnisse in Musiktheorie und Gehörbildung ergänzt.

Für die Musikschule Grassau befürwortete Schulleiter Wolfgang Diem seit langem die Einführung der Freiwilligen Leistungsprüfungen (FLP). Mit dem Musiklehrer, Posaunisten, Dirigenten und Lehrer für Alexandertechnik Johann Schmuck fand sich schließlich ein sehr engagierter Leiter für die Theoriekurse in Grassau. Er leitet seit 2009 die Theoriekurse an der Musikschule Grassau. In einem Interview schilderte er seine Erfahrungen.
 

  1. Es ist noch gar nicht so lange her, dass FLP an der Musikschule Grassau selbst durchgeführt wurden. Auch Kurse zur Musiktheorie gab es vorher nicht. Wie kam es dazu?
    Kinder und Jugendliche, die die Musikschule Grassau besuchten, galten oft als sehr gute, musikalische Instrumentalisten. Die Theoriekenntnisse jedoch ließen zu wünschen übrig. Dem sollte abgeholfen werden. Außerdem wollten wir die FLP auch für alle Instrumentengruppen ermöglichen (nicht nur für Bläser und Schlagzeuger). Wir bauten in Grassau sukzessive Theoriekurse für alle Leistungsstufen aus und haben inzwischen bayernweit das größte Angebot.  
  2. Wie sehen die Kurse aus?
    Jeder D1-, D2- oder D3-Kurs für Musiktheorie umfasst 10 Doppelstunden à 60 Minuten. Alle Kurse werden in jedem Schuljahr angeboten. Alt und Jung kommen – entsprechend ihrem Leistungsniveau – in eine Gruppe.
    Wie effektiv das Angebot ist, zeigt ein Beispiel aus diesem Jahr: Es gelang Johanna Hüttenhofer-Fußeder und Konstanze Hüttenhofer (beide Gesang), alle drei Kurse nacheinander zu besuchen, alle Prüfungen in Theorie und Praxis abzulegen und zügig mit guten Ergebnissen von D1 bis D3 zu kommen.
  3. Welche Methode setzen Sie ein?
    Ich bin für eine spielerische Atmosphäre mit dem Ziel besserer Spielpraxis. Dazu gehören Bewegung, Rhythmusübungen, Klatschen, Singen, Erkennen, Gehörbildung auf mehreren Wegen und schon sehr früh auch die Notation der Melodien und Stücke, anfangs natürlich einfache. Musik verschiedener Epochen weitet den Blick für viele musikalische Formen.
  4. Das klingt nicht nach Leistungsdruck.
    Nein, es geht auch ohne. Mir liegt daran, dass die Musikschüler mitdenken, das heißt: selbst herausfinden, was ihnen nutzt und hilft. Ich will ja nicht Leistungen erzwingen, sondern den Teilnehmern dabei helfen, mit mehr Kenntnissen und Erfahrungen leichter zu musizieren. Sie sollen, wie gesagt, durch diese Ausbildung besser werden, und das spüren sie.
  5. Sie legen großen Wert auf Gehörbildung.
    Für mich ist sie eine Super-Hilfe in der Musizierpraxis. Das Trainieren dieser Fähigkeiten ist auch eine Zeitfrage. Hier hilft Geduld. Je besser das Gehör geschult ist, desto leichter kann ich mein Instrument aktiv einsetzen, gut intonieren, Rhythmen verstehen und umsetzen, und neue Stücke lassen sich rascher erarbeiten.
    Gehörbildung kann an der Musikschule Grassau jetzt auch online erfolgen: Wir haben das Programm „Earmaster“ angeschafft.  
  6. Wie klappt die Zusammenarbeit mit den Instrumentallehrkräften?
    Sie erkennen zunehmend, dass die Theoriekurse sich positiv in der Unterrichtspraxis auswirken, sie stützen und nicht erschweren. Gut wäre dennoch ein besseres Hand-in-Hand-Arbeiten, das Einbauen in den wöchentlichen Unterricht, denn, wie oben gesagt, das Theoriewissen kann die praktische Arbeit am Instrument erleichtern, also auch den Einzelunterricht.

     
  7. Im Jahr 2019 besuchten in Grassau 15 Schülerinnen und Schüler den D3-Kurs, die Höchststufe also. Wie kommt es zu dieser hohen Zahl?
    Offensichtlich bewährt sich die an der Musikschule Grassau eingeführte Form der praktischen und theoretischen Musikausbildung, wenn so viele Schülerinnen und Schüler mitmachen. Dazu weitere Zahlen: Wir hatten heuer an der Musikschule Grassau im D1-Kurs (ab neun Jahre) 34 Teilnehmer*innen, im D2-Kurs 20 und im D3-Kurs, wie gesagt, 15, davon nahmen sieben an der D3-Prüfung teil – und alle haben bestanden! Absoluter Rekord bei den Goldenen Leistungsabzeichen! Übrigens gab es 2019 aus ganz Bayern 45 Anmeldungen für D3 – da stehen wir  also sehr gut da!
    Die 2019er D3-Absolvent*innen der Musikschule Grassau und ihre Lehrer sind:
    Vizi Wiedemann / Bassposaune / J. Schmuck; Rupert Schillinger / Tuba / J. Schmuck; Florian Rödler / Trompete / W. Diem; Leo Dandl / Trompete / K. Müller; Johanna Hüttenhofer-Fußeder / Gesang / S. Irànyi; Konstanze Hüttenhofer / Gesang; Lena Kurfer / Harfe / S. Meier.
    Die D3-Prüfung ist schon sehr anspruchsvoll und entspricht einer guten Vorbereitung für Aufnahmeprüfungen an die Musikhochschule.

     
  8. Macht der Theorieunterricht Spaß?
    Voll – und das ginge nicht, wenn nicht die Kinder und Jugendlichen ihrerseits toll mitmachten und mit Begeisterung bei der Sache wären. Ich hatte selber einen super tollen Unterricht an der Musikhochschule München bei Frau Dr. Köhler, die letztes Jahr unseren Unterricht sogar besucht hat. Die Stimmung ist also gut. Das taugt uns allen.


Das Interview führte Uta Grabmüller.
11.7.2019