Capucine Mühlbauer

Capucine Mühlbauer verabschiedet sich von der Musikschule Grassau

Ein Leben für die Musik – das war das Motto von Capucine Mühlbauer seit dem fünften Lebensjahr. Sie ist selbst konzertierende Klarinettistin und hat zudem seit fast drei Jahrzehnten Kinder und Jugendliche im Einzelunterricht, in Orchestern und Klassengruppen ausgebildet.

Aber: Leben bedeutet auch Veränderung. Zum Schuljahresende im Sommer 2021 hat Capucine Mühlbauer sich von der Musikschule Grassau verabschiedet und ist nun auf dem Weg in eines anderes berufliches Umfeld, und zwar in ihrer Heimat Tirol.

Jetzt blickt sie zurück auf 27 Jahre Musikleben in Grassau.

UG: Wann und wie war der „Schulstart“ in Grassau?

CM: 1994 habe ich hier an der Grassauer Musikschule mit fünf Klarinettenschülerinnen und -schülern begonnen. Dann kam ein zweiter Unterrichtstag dazu, dann ein dritter und zeitweise war ich vier Nachmittage in der Woche hier zum Unterrichten.

UG: Die Musikschule war in den 1990er Jahren ja unter den Ersten, die das Klassenmusizieren als neue musikpädagogische Form eingeführt haben. Du warst aktiv mit dabei?  

CM: Ja. Voraussetzung war eine entsprechende Fortbildung. Gemeinsam mit Wolfgang Diem habe ich vier Jahre lang die 3. und 4. Klassen der Grundschule unterrichtet und danach in Aschau die Leitung des Klassenmusizierens übernommen. Diese Unterrichtsform n Grassau bedeutet ja, dass die Kinder ein Blasinstrument ihrer Wahl vom ersten Tag an in der Gruppe spielen – natürlich unterstützt von individueller Unterweisung und Förderung. Für einen entsprechenden Satz an Instrumenten sorgte der Musik und Gesangverein Grassau, das war eine phänomenale Sache.

UG: Wie lange ist ein Kind im Klassenmusizieren?

CM: Nach der 4. Klasse wechseln viele Kinder ins Kinderorchester bzw. in die Jugendkapelle. Und nicht wenige sind es, die bis ins Erwachsenenleben weiterhin Musik machen, z. B. in Studium oder Beruf; sehr viele wirken in der Marktkapelle Grassau mit. Dort habe übrigens auch ich vier Jahre lang mitgespielt. Und die Mitglieder des Kinderorchesters durften sogar manchmal bei den „Großen“ den Abend eröffnen, z. B. beim Stefani-Konzert.

UG: Wann entstand das Kinderorchester?

CM: Eines Tages kam der Musikschulleiter Wolfgang Diem zu mir mit der Idee, ein Kinderorchester zu gründen. Das ist ca. 15 Jahre her. Ich durfte Kinder, die schon Einzelunterricht an der Musikschule hatten oder aus dem Klassenmusizieren kamen, nach und nach an anspruchsvollere Stücke heranführen und an Auftritte gewöhnen. Manchmal war das auch unbefriedigend und mühselig, wenn z. B. bei Terminüberschneidungen andere Dinge der Orchesterprobe vorgezogen wurden. Orchesterarbeit bedeutet nämlich für jedes einzelne Mitglied eine ordentliche Portion Disziplin, Hinhören, Geduld … Aber jeder Auftritt des Kinderorchesters zeigte den kleinen Musikern und mir den Erfolg ihrer Anstrengungen.

UG: Wie kam und kommt Klarinette als Instrumente bei den Kindern und Jugendlichen an?

CM: Klarinette war immer gut besetzt. Aber es gab jedes Jahr interessante Trends – mal wollten viele Kinder Querflöte lernen, plötzlich was das Saxophon oder die Trompete unheimlich „in“. Ich hatte mal elf Querflöten-Mädchen!

UG: Was gehörte noch zum Berufsfeld Musikunterricht?

CM: Inzwischen sind an Musikschulen auch Leistungsprüfungen üblich. Dafür gibt es Theorie- und Praxiskurse, in denen ich mitgearbeitet habe. Auch Prüfungen habe ich abgenommen, die der MON (Musikbund von Ober- und Niederbayern) organisiert hat.

UG: Erzähle uns zwei-drei besondere Ereignisse aus den langen Jahren an der Musikschule Grassau!

CM: Vor einem eigenen Orchester zu stehen und zu erfahren, wie sich meine Ideen und Vorstellungen in Klang umsetzen lassen, war einmalig! Etwas Besonderes war auch, wie einige meiner allerersten Schülerinnen ihre eigenen Kinder zu mir in den Unterricht geschickt haben! Zu einigen meiner Schülerinnen von 1994 habe ich bis heute einen schönen Kontakt behalten und darf auch über die Musik hinaus an ihrem Leben teilhaben.

UG: Was hat sich im Laufe der Jahre – nach deinem Eindruck – geändert bei den Jugendlichen?

CM: Durch die modernen Medien hat sich die Gestaltung der Freizeit und das Gefühl für die „richtige“ Zeiteinteilung stark verändert. Leider hören wir Lehrer immer häufiger von den Schülern: „Ich hatte keine Zeit“ (zum Üben oder Vorbereiten). Ich habe das nie gelten lassen und immer versucht, den jungen Menschen zu erklären, was sie bei einer bewussten Zeiteinteilung alles schaffen können. Leider ist das Wort „Stress“ schon sehr in ihren Köpfen verankert, und Abhilfe ist nur mit der intensiven und geduldigen Unterstützung der Eltern zu erreichen.

UG: Welche Rolle spielt für dich das eigene Konzertieren, welche Literatur ist dir hier am liebsten?

CM: Das eigene konzertieren bedeutet, die Batterie wieder aufzuladen! Und diese Energie im Unterricht wieder an die Kinder weitergeben zu können. Ich selbst liebe die Kammermusik und bin bei Mozart zu Hause.

UG: Du hast 2021 deinen Abschied vom Musikunterricht genommen. Lass uns einen Blick in die Zukunft werfen. Was erwartet dich nun?

CM: Ich möchte beruflich neue Wege gehen, aber unbedingt wieder mit Kindern arbeiten, nun jedoch mehr in Richtung Betreuung und Erziehung der ganz Kleinen. Einige neue Beschäftigungsfelder schweben mir vor. So ein Neustart ist nicht einfach. Doch ich versuche es. Ich habe im Juli 2021 bei einem meiner letzten Konzerte mit Kindern und Jugendlichen gesagt: „Das Geheimnis des Könnens liegt im Wollen; wenn ihr etwas richtig wollt, dann könnt ihr alles erreichen.“ Das möchte ich auch für mich selbst wahr machen!

UG: Und noch ein Abschiedswort an die Musikschule?

CM: Die Musikschule ist in allen ihren Bereichen seht gut aufgestellt – von der Leitung über das Büro bis zu allen Lehrkräften. Und sie hat in der Gemeinde einen hohen Stellenwert! Ich wünsche all meinen Kolleginnen und Kollegen auch in Zukunft Freude und Erfolg im Beruf und bedanke mich herzlich für die vertrauensvolle, hervorragende Zusammenarbeit!

Das Interview führte Uta Grabmüller.
Freigegeben von Capucine Mühlbauer
am 29.9.2021